Orthopädie Schuhtechnik Ditzingen im Weißen Haus: Tradition trifft Fortschritt
Es gibt Umzüge, bei denen man sich fragt, ob man zuerst dem Handwerker, dem Architekten oder dem lieben Gott danken soll, dass am Ende doch alles irgendwie zusammenpasst. Und es gibt Umzüge wie jenen der Orthopädie Schuhtechnik (OST) von Marc und Salima Hanle-Schaller – fast schon verdächtig reibungslos, fast schon zu entspannt, um wahr zu sein.

Seit dem 3. November residiert das Ditzinger Handwerksduo nun im Weißen Haus in der Marktstraße 6/2. Und wenn man sie fragt, wie es sich anfühlt, dort angekommen zu sein, kommt die Antwort ohne Zögern: „Sehr gut.“

Es ist ein „sehr gut“, das man ihnen glaubt. Die neuen Räume strahlen hell, offen und freundlich. Jeder, der das alte Ladengeschäft kannte, merkt sofort: Hier ist etwas gewachsen – nicht nur an Fläche, sondern an Wirkung. „Modernisierung und Lage“, sagen die beiden als Gründe für den Umzug. Wer das Weiße Haus kennt, weiß: beides ist hier in perfekter Kombination zu haben.

Und wer den neuen Laden betritt, versteht sofort, dass es den Schallers nicht um irgendeine Modernisierung ging, sondern um eine, die dem Handwerk gerecht wird. Viel Licht, klare Linien, ein ansprechendes Ambiente – und dennoch der unübersehbare medizinische Anspruch, der dieses Traditionshandwerk seit jeher begleitet.

Und dann steht da noch die alte Theke. Eine Schönheit aus den 60er Jahren, poliert, gepflegt, ein Stück Vergangenheit, das sich weigert, alt auszusehen. „Auf sie sind wir besonders stolz“, sagt Marc Schaller. Verständlich. Sie wirkt wie ein gediegener Gruß an die Wurzeln eines Berufsstandes, der in wenigen Jahrzehnten einen bemerkenswerten Wandel durchlaufen hat.

Denn Orthopädie-Schuhtechnik – das war früher die Welt der Kriegsversehrten, der schweren Lederstiefel, der Reparaturen aus der Not heraus. Heute begegnet man einem völlig anderen Bild: „Traditionelles Handwerk trifft moderne Medizin“, bringen es die Schallers auf den Punkt. Viel treffender kann man es kaum sagen.

Dass sich der Beruf so verändert hat, bemerkt man auch an der Kundschaft: Die schweren orthopädischen Versorgungen der Nachkriegszeit sind selten geworden. An ihre Stelle sind Diabetes-Patienten getreten, Menschen mit Fehlstellungen, Sportler, Senioren, kurz: die ganze Vielfalt moderner Fußgesundheit. Und dafür braucht es nicht nur handwerkliche Fertigkeiten, sondern auch Wissen, Technik, neue Materialien und digitale Tools. „Neue Materialien sind heute deutlich angenehmer für die Kunden“, sagt Marc Schaller. Ein Satz, der sachlich klingt – bis man merkt, dass er die ganze Entwicklung der letzten 30 Jahre zusammenfasst.

Das Herzstück bleibt aber die hauseigene Werkstatt. Hier entstehen die Schuhe vollständig in Handarbeit: vom Leisten über den Schaft bis zur Sohle, Naht für Naht. Wer einmal gesehen hat, wie daraus ein individueller Maßschuh entsteht, weiß, warum dieses Handwerk bei allen technischen Fortschritten nie seine Seele verliert. Dazu kommen Einlagen nach Computerscan, diabetesadaptierte Fußbettungen, Bandagen, Kompressionsstrümpfe – und all das in einer Qualität, die aus Überzeugung entsteht. Denn OST ist einer der wenigen Betriebe in der Region, der wirklich noch alles selbst fertigt.

Natürlich wollen viele wissen: Wie funktioniert eigentlich die Arbeitsteilung zwischen zwei Menschen, die nicht nur gemeinsam arbeiten, sondern auch privat ein Team sind? Die Antwort kommt ebenso pragmatisch wie sympathisch: „Marc Schaller ist der Chef und spezialisiert auf orthopädische Maßschuhe. Salima Hanle-Schaller kümmert sich um Bandagen, Kompressionsstrümpfe und Einlagen und das alles mit tatkräftiger Unterstützung unseres Super-Teams.“ Ein klarer Plan, der so gut funktioniert, dass die beiden dieses Jahr ihre Silberhochzeit gefeiert haben. Und das trotz – oder vielleicht gerade wegen – gemeinsamer Arbeitswege. „Wir lieben, was wir tun“, sagt Salima Schaller. Nur die Hobbys, die sind getrennt. Man soll es ja nicht übertreiben mit der Harmonie.
Berührende Momente? Gibt es viele. Doch einer bleibt besonders im Gedächtnis: Eine Kundin, die zum Einzug ins Weiße Haus mit einem Blumenstrauß im Laden stand. Solche Gesten sind es, die die Schallers immer wieder daran erinnern, warum sie ihren Beruf so schätzen – und warum ihnen der persönliche Kontakt zu ihren Kundinnen und Kunden so wichtig ist. „Wir mögen unsere Ditzinger Kundschaft“, sagen sie. Und wer schon einmal im Laden stand, weiß: Das ist nicht dahingesagt.

Was die Zukunft bringt? Neue Scannmöglichkeiten etwa – Technik, die hilft, Fußvermessungen noch präziser zu machen. Und den Wunsch, dass der Ditzinger Ortskern attraktiv bleibt. Ein Anliegen, das man nur unterstützen kann, denn Handwerksbetriebe wie OST sind diejenigen, die einem Ortszentrum Leben geben. Ganz nebenbei: Der Eingang über das Treppenhaus des Nebenhauses ist barrierefrei – ein Detail, das man erst zu schätzen weiß, wenn man es braucht.

Und warum sollte sich ein junger Mensch heute überhaupt für die Orthopädie-Schuhtechnik entscheiden? Die Antwort der Schallers ist so überzeugend wie umfassend: „Die Vielseitigkeit durch Kundenkontakt, Handwerk, Technik und Digitalisierung.“ Ein Beruf also, der Herz, Kopf und Hände gleichermaßen fordert. Und einer, der Zukunft hat. Der Einzug ins Weiße Haus ist für OST Ditzingen kein bloßer Tapetenwechsel.
Er ist ein Bekenntnis – zur Qualität, zu Ditzingen, zum Handwerk. Und vielleicht am schönsten: zu dem Gefühl, Menschen wieder zum schmerzfreien Gehen zu verhelfen. Wer einmal erlebt hat, wie jemand nach langer Zeit wieder beschwerdefrei läuft, weiß: Manche Erfolgsmomente kann man nicht in Schuhgröße messen.
Text: Rolf Lautner, Dijou, Fotos: Hans-Martin Goede

